Ruhe bitte! - Lärmampel im Einsatz
Gestaltungsbereich:
Arbeitsschutzorganisation, Arbeitsmittel und Arbeitsumgebungzur Übersicht
Zusammenfassung

Im Juli 2004 wurde eine Mitarbeiterbefragung in den Vorwerker-Werkstätten, Lübeck, durchgeführt. Ziel war es zu ermitteln, welche Belastungen für die Mitarbeiter besonders auffällig waren. Das Ergebnis: Der Lärm in den beiden Speisesälen der Einrichtung führt immer wieder zu Ärgernissen und zusätzlichen psychischen Belastungen. Der eigentliche Erholungs- beziehungsweise Rückzugsbereich beim Essen war nicht vorhanden. Mit dem Schwerpunkt verhaltensbezogene Maßnahmen hat die Arbeitsgruppe Lärmminderung mit Hilfe von Aktionen für Ruhe in den Sälen gesorgt. Hauptakteur war und ist die Lärmampel (Fa. Org-Delta), eine optische Hilfe zur Darstellung ruhiger und lauter Umgebungsbedingungen.
Auslösendes Ereignis
In den Werkstätten wurde im Rahmen der Erhöhung der Kundenzufriedenheit – Schwerpunkt Essen – eine Befragung durchgeführt. Das Ergebnis der Werkstattmitarbeiterbefragung im Juli 2004 war, dass in den Speisesälen der Einrichtungen keine stressfreie Kommunikation oder Erholung möglich war: Der Lärm durch Gespräche war zu hoch. Die Werkstattleitung erteilte der zuständigen Sifa den Auftrag, mit einer Arbeitsgruppe die Ursachen zu suchen und Lösungen vorzuschlagen. Die Ergebnisse sollten auch für die anderen Einrichtungsbereiche, wie z. B. die Schule für behinderte Menschen, genutzt werden. Hier lag eine Anfrage von Lehrkräften vor, die Angst vor Folgeschäden bei besonders lauten Kindern hatten.
Ziel
Eine gesonderte Arbeitsgruppe Lärmreduzierung erhielt den Auftrag, die Ursachen für die erhöhte Lärmbelastung in den Speisesälen ausfindig zu machen, diese Risiken zu bewerten und finanzierbare Gestaltungsmaßnahmen zu empfehlen. Ziel war auch, dass die vorhandenen Säle nicht durch architektonische Maßnahmen verändert werden sollten. Die positiven akustischen Wirkungen der Räume sollten möglichst beibehalten werden, da die Räume auch als Veranstaltungsorte (Gottensdienst, Konzert) genutzt werden.
Lösungsweg
Unter Leitung der zuständigen Sifa wurde eine Arbeitsgruppe Lärmreduzierung zusammengestellt. Sie erhielt von der Geschäftsführung (Werkstattleitung) die nötigen Kompetenzen und Handlungsspielräume.
- 1. Schritt: Bildung einer Arbeitsgruppe Lärmreduzierung
- 2. Schritt: Begehung, Orientierungsmessungen, Interviews zur Klärung der arbeitssystemischen Voraussetzungen. Feststellung organisatorischer, sicherheitstechnischer und verhaltensspezifischer Mängel. Dazu zählen z. B.: Offene Tür zur Geschirrspülmaschine, lautes Begrüßen der behinderten Beschäftigten schon an der Tür, immer lauter werdende Gespräche, sobald sich der Saal mit Menschen füllte - jeder sprach lauter als sonst, weil die Umgebungsgeräusche auch anstiegen.
- 3. Bewertung der ermittelten Bedingungen mit der Erkenntnis: Die Gefahrenquellen sind die Menschen selbst, gefahrbringende Bedingungen sind zum Teil fehlende Stuhlbeinbeläge, hohe Räume, fehlende Rollos, Zwischenwände (wie stabile - schallabsorbierende Stellwände), Abräumwagen mit harten, lärmverursachenden Rädern und fehlerhaftes rücksichtsloses Verhalten (heftiges Abstellen des Geschirrs, auffällig lautes Rücken von Stühlen "Hier bin ich, sieht mich jeder?", lautes Sprechen, um auf sich aufmerksam zu machen.
Messtechnisch ergab sich in dem zunächst besuchten Speisesaal mit 260 Sitzplätzen ein Dauergeräuschpegel von 67 dB(A) mit Lärmspitzen von deutlich über 80 dB(A), ausgelöst durch Schreien, sehr lautes Sprechen.
- 4. Technische, organisatorische und verhaltensbezogene Maßnahmen wurde von der Arbeitsgruppe im vierten Schritt abgeleitet. Die Empfehlungen für die Werkstattleitung reichten von
- stabilen, stoffbespannte Stellwände (Experimente mit Pflanzen-Pergola-Lösungen),
- Verhaltensmaßnahmen: leises Reden, erst hingehen, dann ansprechen, sich benehmen, Geschirr leise abstellen
- Organisatorische Maßnahmen: Geregelte Essenszeiten und einheitlich vergebene Tischordnung mit Gruppenleiter, der die Gruppe zu leisem Sprechen animiert bis über
- Beschaffung und Einsatz einer Lärmampel (Org-Delta).
- 5. Die Lärmampel wurde zunächst probeweise in einer Schule getestet und anschließend im Speisesaal für alle sichtbar aufgestellt. Sowohl die begleitenden Messungen des Schallpegels als auch die Lärmampel selbst stellte eine wichtige Intervention dar. Denn diese Aktionen erregten erhebliche Aufmerksamkeit. Die Mitarbeiter wurden von ihren behinderten Beschäftigten befragt. Die Diskussion, was Lärm ist, wie er funktioniert Lärm und was ihn auslöst, wurde angeregt. Letztlich wird nun darüber nachgedacht, die Lärmampel von Zeit zu Zeit an eine andere Stelle im Speisesaal zu hängen, damit der Reiz des Neuen erhalten bleibt.
- 6. Nachhaltigkeit
Die Maßnahme dauert an. Die Arbeitsgruppe plant weitere Reize zu setzen, damit sich die verhaltensändernden Empfehlungen auch dauerhaft durchsetzen. Die Geschäftsführung prüft ergänzende sicherheitstechnische Lösungen zur Verstärkung der Lärmminderung.

Erfolg
Bereits bei der ersten Begehung stellten die Mitglieder der Arbeitsgruppe fest, dass der Schallpegel bei Einsatz des Messgerätes deutlich sank. Die im Speisesaal sitzenden Menschen schenkten der Lärmmessung erhebliche Aufmerksamkeit. So stand bereits fest, dass allein die Anwesenheit einer Person mit einem Schallpegelmessgerät schon ein erster Ansatz zur Intervention für ruhigere Umgebungsbedingungen ist.
Den wesentlichen Erfolg zur einer deutlichen Reduzierung häufiger Störungen lauter Menschen im Speisesaal erreichte das Arbeitsteam mit einer Lärmampel. Eine Ampel, die grün anzeigt, wenn der Schallpegel angenehm ist, auf orange springt, wenn die Schallbelastung grenzwertig ist und letztlich rot anspringt, wenn der Schall eine unangenehme Höhe erreicht. Die Einstellungen der Anzeige wurde von der Arbeitsgruppe eigenständig vorgenommen; ebenso die Einstellung des Gerätes - Anzeige mit akustischer Warnung oder ohne. Die Lärmampel wird noch heute im Speisesaal zu Hilfe genommen, wenn den behinderten Beschäftigten selbst ein hoher Schallpegel auffällt.
Der Nebeneffekt ist, dass die Gruppenleiter vermehrt nach dem Gefährdungsfaktor Lärm befragt wurden und Auskunft gaben. Als kleiner Wissensspeicher wurde die Broschüre "Lärm in Bildungsstätten" (BAuA 2006) besorgt und bei Bedarf an Gruppenleiter ausgegeben.
Dieses Wissen nutzte den Gruppenleitern letztlich auch in deren eigentlichen Gruppenräumen.
Weiterführende Informationen
Frage-Antwort-Dialoge zum Thema "Lärm", Kompetenznetz Moderne Arbeit NRW
Lärm in Bildungsstätten, Broschüre der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA)
Schluss mit Lärm, Webseite zum Thema der Europäischen Woche vom 24. bis 28. Oktober 2005
Schütze Dein Gehör, CD-ROM der VMBG
DVD "Gut zu hören" DVD - Eine Aktion der gesetzlichen Unfallversicherungen zur Europäischen Kampagne Schluss mit Lärm
Betrieb |
Betriebsname: | Vorwerker Werkstätten |
Straße: | Triftstr. 139- 143 |
PLZ: | 23554 |
Ort: | Lübeck |
Internetadresse: | www.vorwerker-diakonie.de |
Betriebsgröße: | 250 bis 999 Beschäftigte |
Gründungsjahr: | 1906 |
Wirtschaftssektor: | Verarbeitendes Gewerbe |
Betriebliche(r) Ansprechpartner/in |
Name: | Katja Perrey |
Funktion: | Fachkraft für Arbeitssicherheit |
Telefon: | 0451 / 408 5 40 45 |
Fax: | 0451 / 498 25 80 |
E-Mail: | wfb.perrey@vorwerker-diakonie.de |
Berater/in |
Firma/Institution: | Ergonomiecampus, Diekholzen |
Name: | Hildegard Schmidt |
Telefon: | 05121 / 26 55 76 |
Fax: | 05121 / 26 26 82 |
E-Mail: | info@ergonomiecampus.de |
Internetadresse: | www.ergonomiecampus.de |
Gestaltungsbereich:
Arbeitsschutzorganisation, Arbeitsmittel und Arbeitsumgebung
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