Wiedereingliederung - Methode zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit
Gestaltungsbereich:
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Zusammenfassung
In einem Großbetrieb zur Herstellung von Papierwaren (u.a. Servietten, Papiertischdecken, Dekoration) erkrankte ein Drucker über 10 Wochen. Gem. § 84 SGB IX und aufgrund einer Selbstverpflichtung des Unternehmens sollte der Mitarbeiter nach Rückkehr bestmöglichst wieder in den Arbeitsprozess, am alten Arbeitsplatz eingesetzt werden. Hierzu war es erforderlich, eine ganzheitliche verhaltens- und verhältnisorientierte Betrachtung und anschließende Beurteilung vorzunehmen.
Im Projekt wurde mit Hilfe eines Methodenmixt ermittelt, welche Leistungsbefähigung vorlag. Der Schwerpunkt lag auf der Ermittlung von Auswirkungen auf das Muskel-Skelett-System im Arbeitsprozess. Das Projektziel war die Erprobung einer Analyse- und Beurteilungsmethode, um jetzt und zukünftig Mitarbeitern eine angemessene Weiterbeschäftigung zu ermöglichen.
Zu den Methoden zählten die Leitmerkmalmethode zur Risikoermittlung bei der Handhabung von Lasten (Heben und Tragen), das Screening Gesundes Arbeiten (SGA) - eine Handlungshilfe zur Ermittlung physischer und psychischer Belastungen sowie physiotherapeutische Fachkunde in der Beobachtung typischer Arbeitsabläufe (Haltung & Bewegung).
Der Ermittlungsweg führte zu nachweisbaren und nachvollziehbaren Ergebnissen. Der Beschäftigte wurde entsprechend eingesetzt und gefördert.
Auslösendes Ereignis
Ein Drucker war wegen Rückenbeschwerden 10 Wochen arbeitsunfähig erkrankt. Der Beschäftigte war bereits vier Jahre im Unternehmen und sollte gem.
§ 84 SGB IX bestmöglichst in den Arbeitsprozess eingegliedert werden.
In der Firma selbst herrscht eine hohe Wertschätzung für die Mitarbeiter. Deshalb war es der Geschäftsführung (GF) auch besonders wichtig, festzustellen, welche Fähigkeit des Beschäftigten vorhanden sind, um eine Wiedereingliederung möglich zu machen. Dabei ging es auch darum, den Beschäftigten bestmöglichst zu fördern und ihn gleichberechtigt zu integrieren. Die GF wollte auch in Erfahrung bringen, welche zusätzlichen Gestaltungsmaßnahmen zur Optimierung des Arbeitsplatzes erforderlich sein würden. Die Ermittlungen hierzu sollten einem ganzheitlichen Ansatz unter Berücksichtigung des Verhaltens und der Verhältnisse am Arbeitsplatz folgen.
Auf Initiative der Betriebsärztin wurde der Kontakt zur
Fa. Physicon, als externer Dienstleister hergestellt. Der Arbeitsplatz sollte aus physiotherapeutischer - ergonomischer Sicht und aus arbeitsorganisatorischer Sicht exakt im Bezug auf die individuelle Leistungsbefähigung analysiert und beurteilt werden.
Das Unternehmen hat sich deutlich dazu bekannt, auch Veränderungen durchzuführen. Im Grunde handelte es sich um ein Pilotprojekt. Auf Basis der methodischen Ermittlung für zunächst eine Person soll anschließend auch andere betroffene Arbeitnehmer erfasst und deren Arbeitsbedingungen individuell optimiert werden.
Ziel
- Vollständige, gleichwertige Behandlung eines Beschäftigten und ermöglichen, dass er entsprechend seinen Fähigkeiten auch Leistungen erbringen kann.
- Individuelle Gesundheitsförderung mit ganzheitlichem Ansatz, in dem sowohl die verhaltensbezogenen Potenziale als auch ergonomische, also verhältnisbezogene Veränderungen aufzuzeigen und zu verbessern.
- Betriebsziel war auch: Eine Methode zur Feststellung der individuellen Leistungsbefähigung als auch eine Übertragung der Erkenntnisse auf andere Arbeitsbereiche zu erproben.
Lösungsweg
In das Projekt waren der Gruppenleiter der Druckerei, der Produktionsleiter (mit Handlungsvollmach- ten im Zusammenhang mit Gesundheitsförderung), die Betriebsärztin und der Betriebsrat eingebunden. Der Maßnahme stimmte die Geschäftsführung zu und gab die entsprechenden Ressourcen frei.
1. Stufe - Vorbereitung Die Betriebsärztin hat zunächst mit Hilfe der Leitmerkmalmethode Heben und Tragen besonders auffällige Lastenhandhabungen untersucht und das Risiko ermittelt. Dies sollte auch dazu dienen, die späteren Ergebnisse der Firma Physicon zu vergleichen. Eine Untersuchung nach dem Grundsatz "Belastungen des Muskel- und Skelettsystems" (G 46) vervollständigte die Voruntersuchung durch die Ärztin.
2. StufeDer Beschäftigte wurde informiert, dass eine Arbeitsplatzbegehung stattfinden würde und welche Ziele und Vorteile für ihn damit verbunden sein würden.
3. Stufe
Zu einem weiteren Termin erfolgte der Besuch am Arbeitsplatz des Druckers durch das Team Physicon. Die Arbeitsplatzbegehung umfasste die Analyse der unterschiedlichen Teiltätigkeiten; insbesondere im Bereich a) Farbwanne ein- und ausbauen, b) Walze ein- und ausbauen und c) Farbe nachfüllen.
Als Gesprächs- und Analyseleitfaden wurde die Handlungshilfe
"Screening Gesundes Arbeiten" (SGA) zugrunde gelegt. Von mindestens gleichwertiger Bedeutung war die Anwendung physiotherapeutischer Fachkenntnisse sowie abschließend eine persönliche Beratung des Beschäftigten.
Die Arbeitsplatzbegehung vor Ort umfasst etwa 1,5 Stunden. Der Beschäftigte hat alle belastenden Teiltätigkeiten mehrmals demonstriert.
Aufgrund des hohen Geräuschpegels war eine normale Sprachverständigung nicht möglich. Ergänzende Informationen wurden nach Abschluss der Begehung ausgetauscht; der Beschäftigte hatte so auch Gelegenheit, seine subjektive Befindlichkeit zu beschreiben.
Insgesamt dauerte die vollständige Aufnahme der Arbeitsplatzsituation sowie das Interview einen halben Tag.
4. Stufe Als Produkt entstand in der anschließenden Bearbeitung eine Zusammenstellung der Erkenntnisse in Form eines Maßnahmenplans im Excel-Format. Die Beurteilung und die Erstellung des Maßnahmen- planes erfolgte durch die Firma Physicon in Eigenregie. Der Plan enthielt die Aspekte:
- Was wird getan?
- Welche Belastungen sind erkennbar?
- Welches Risiko für die Gesundheit resultiert daraus? – Mögliche Gesundheitsschäden
- Welche Lösungsalternativen bieten sich an? – Ganzheitlicher Ansatz nach TOP
- Hatte der Beschäftigte eigene Vorschläge?
- Welche rechtlichen Grundlagen liegen hier vor?
Den Maßnahmenplan erhielt sowohl der Beschäftigte in Kopie, als auch die Betriebsärztin und die Geschäftsführung.
5. Stufe Abschlussbesprechung mit allen Beteiligten mit Vorstellung der Resultate.
Erfolg
Das methodische Vorgehen zur Analyse und Beurteilung eines betroffenen – wiedereinzugliedernden – Arbeitnehmers war erfolgreich. Die Ergebnisse sind objektiv und unterstützen den Entscheidungsprozess im Betrieb. Sie erhebt nicht den Anspruch einer operativen, methodischen Umsetzung der ermittelten Ergebnisse. Die Umsetzung findet auf anderer Ebene statt. Dabei sind die individuellen Leistungsfähigkeiten des jeweils einzugliedernden Beschäftigten maßgeblich für den Erfolg der tatsächlichen Wiedereingliederung.
Erfolgreich war die methodische Ermittlung und Beurteilung mit Hilfe autorisierter Verfahren. Mit der Untersuchungsmethode, bestehend aus
- Leitmerkmalmethode (LMM Heben und Tragen),
- Screening Gesundes Arbeiten, eine Handlungshilfe zur Ermittlung physischer und psychischer Belastungen (SGA) und
- physiotherapeutischer Fachkunde,
konnte nachgewiesen werden, welche Restbefähigungen und Einsatzmöglichkeiten dem MA im Unternehmen gegeben sind. Eine Teilüberprüfung der Ergebnisse mit der Leitmerkmalmethode zeigt, dass die Ergebnisse der methodischen Untersuchung der FA. Physicon korrekt waren.
Auf Basis der Ergebnisse wurde der Mitarbeiter gezielt gefördert.
Weiterführende Informationen
Belastungen des Muskel- und Skelettsystems Berufsgenossenschaftlicher Grundsatz, G46
Rückenkompass - Methodeninventar zur Ermittlung physischer Belastungen bei der Handhabung von Lasten
Thematischer Initiativkreis Körper, Geist & Arbeit (INQA - ganzheitliche Prävention) = Im Arbeitskreis wurde das Verfahren "Screening Gesundes Arbeiten" in Kooperation mit der TU Dresden, Institut für Arbeits- und Organisationspsychologie entwickelt.
Betrieb |
Betriebsname: | Duni GmbH & Co KG |
Straße: | Robert-Bosch-Str. 4 |
PLZ: | 49565 |
Ort: | Bramsche |
Internetadresse: | www.duni.de |
Betriebsgröße: | 250 bis 999 Beschäftigte |
Gründungsjahr: | 1956 |
Wirtschaftssektor: | - Herstellung von Papier, Pappe und Waren daraus |
Betriebliche(r) Ansprechpartner/in |
Name: | Dr. Raster |
Funktion: | Betriebsärztin |
Telefon: | 05461 82-0 |
Fax: | 05461 82-201 |
E-Mail: | dr.raster@t-online.de |
Berater/in |
Firma/Institution: | Physicon |
Name: | Patricia Schäfer |
Telefon: | 05451 54 27 73 |
Fax: | 05451 54 27 74 |
E-Mail: | info@physicon.de |
Internetadresse: | www.physicon.de |
Gestaltungsbereich:
Betriebliches Gesundheitsmanagement
Maßnahmen zur Prävention und Gesundheitsförderung im Sinne einer Stärkung der Eigenverantwortlichkeit der Mitarbeiter. Die Angebote wirken sich im Sinne einer Nachhaltigkeit sowohl auf den beruflichen Bereich, als auch das private Umfeld aus (Betriebssport, Sportkurse, Ernährungsberatung etc.).