Ablaufoptimierung zur Integration von Menschen mit Bewegungseinschränkungen
Gestaltungsbereich:
Unternehmens-/ Organisationsentwicklung (Aufbau- Ablauforganisation)
Zusammenfassung


Im Blickpunkt steht der Prozess der Auftragsabwicklung in den
Mühltal-Werkstätten, der Nieder- Ramstädter Diakonie. Die Besonderheit ist, dass die Werkstätten für Menschen mit Behinderungen u. a. auch Menschen mit spastischen Bewegungseinschränkungen beschäftigt, die im Sinne des Arbeitsschutzes und des bestehenden Qualitätsmanagementsanspruchs in dieser Einrichtung entsprechend ihrer Fähigkeiten zu beschäftigen sind. Am Beispiel der tätigen Beschäftigten mit einer
Cerebralparese werden Arbeitsabläufe innerhalb der Auftragsplanung analysiert und Aspekte in der Arbeitssicherheit sowie im Gesundheitsschutz integriert berücksichtigt. Es gelingt sowohl technisch, organisatorische und personenbezogene ganzheitliche Maßnahmen zu ermitteln und zu realisieren. Die sich ergänzenden und verstärkenden Maßnahmen ermöglichen den behinderten Beschäftigten eine vollwertige Leistungsbefähigung in der Montage. Die Lösungen konnten nur durch vernetztes Wirken verschiedener Disziplinen u.a. auch einem Ergotherapeuten, des Qualitätsmanagementbeauftragten, der Fachkraft für Arbeitssicherheit und dem zuständigen Mitarbeiter für Arbeits- und Berufsförderung sowie Werkstattleiter umgesetzt werden.
Auslösendes Ereignis
In den Arbeitsgruppen arbeiten unter anderen auch Beschäftigte die eine Cerebralparese aufweisen. Nach einer vorläufigen Erhebung sind es zurzeit etwa 10 % der Beschäftigten in den Mühltalwerkstätten der Nieder- Ramstädter Diakonie. Sichtbares Kennzeichen sind die Einschränkung von Bewegung, Kraft und Geschicklichkeit, die Erhöhung des Muskeltonus (Muskelspannung) sowie die charakteristische Änderung des Reflexverhaltens.
Die Montage von Chips in Halterungen stellt für den Menschen mit einer Cerebralparese eine kniffelige, zeitaufwendige - teilweise nicht zu realisierende Handhabung dar. Dennoch sollte Beschäftigten mit Cerebralparese ermöglicht werden, diese Tätigkeit zu verrichten. Im Blick auf das vollständige Arbeitssystem wurde deshalb beschlossen, am Beispiel dieser Zielgruppe den Arbeitsschutz in das Qualitätsmanagement zu integrieren. Dazu sollten vorrangig prozessbezogene Handlungen für diese und künftige Aufgabenstellungen am Beispiel des Montagearbeitsplatzes evaluiert und standardisiert werden.
Ziel
Zielgruppenspezifische Ziele:
- Die durch eine Cerebralparese betroffene Seite soll Aktivität übernehmen, eine eingeschränkte Greiffunktion soll trainiert werden, eine Armlagerung führt
auch zu einer besseren Sitzhaltung.
- Die behindertengerechte Arbeitsablauf- bzw. Arbeitsplatzgestaltung in den Montage-/Verpackungsgruppen verfolgt sowohl das Ziel der Prävention als auch der Rehabilitation und Teilhabe am Arbeitsleben
- Schädigende Belastungen abbauen sowie gesundheitliche Schäden - und damit das Entstehen bzw. das Fortschreiten von Behinderungen - vermeiden.
Prozessbezogene Ziele:
Daraus folgt für die behindertengerechte Auftragsabwicklung als operative Aufgabe:
- 1. Erkennen und das Beurteilen von produktionsauftragsabhängigen Gesundheits- bzw. Leistungseinschränkenden Bedingungen wie im Normkapitel 6.4 „Arbeitsumgebung“ der DIN EN ISO 9001:2000 gefordert.
- 2. Einleiten von Korrekturmaßnahmen wenn nach einer Bewertung Handlungsbedarf wie in den Normkapiteln 8.5.2 „Korrekturmaßnahmen“ und 8.5.3 „Vorbeugemaßnahmen“ der DIN EN ISO 9001:2000 beschrieben aus der Beurteilung erforderlich.
- 3. Kontrolle auf Umsetzung und Wirksamkeit, ggf. Verbesserung wie im Normkapitel 8.2.2 „Internes Audit“ der DIN EN ISO 9001:2000 dargestellt.
- 4. Dokumentation und Standardisierung.
Lösungsweg
Nach gründlicher Analyse des Arbeitssystems "Montagearbeitsplatz" in der Auftragsabwicklung wurden folgende Lösungsschritte umgesetzt:
- Arbeitsvorbereitung
Die durch Arbeitsvorbereitung angelegte Arbeitsplatz-/ Arbeitsauftragskartei bietet eine Übersicht der Arbeitsplätze/ Arbeitsaufträge bei denen Beschäftigte mit einer Cerebralparese eingesetzt werden können. Damit wird gleichzeitig die Möglichkeit geschaffen, durch Arbeitsplatzwechsel / Arbeitsauftragswechsel Monotonie vorzubeugen.
Arbeitsaufträge enthalten folgende Angaben
- Kurze Beschreibung des Arbeitsplatzes / Arbeitsauftrags und des Arbeitsablaufs
- Die wichtigsten Anforderungen an Können, körperliche und geistige
Beanspruchung, Verantwortung und Umgebungseinflüsse
- Anzahl der Besetzung an Beschäftigten bei Arbeitsteilung
- Verlangte Eignung.
- Gestaltung der Betreuung von Menschen mit Behinderung in der Arbeitswelt
Mit einer Profilmethode werden Arbeitsplatzanforderungen und menschliche Fähigkeiten durch einheitliche, definierte Merkmale beschrieben und direkt miteinander verglichen. Berücksichtigt wird dabei:
- Körperhaltung (Stehen, Sitzen)
- Körperfortbewegung (Gehen)
- Körperteilbewegung (Arm-, Bein-, Rumpfbewegungen)
- Information (Sehen, Hören, Sprechen, Schreiben)
- Komplexe Merkmale (Heben, Tragen)
- Umgebungseinflüsse (Klima, Schall)
- Arbeitssicherheit (Unfallgefährdung, Tragen von Arbeitsschutzmitteln)
- Arbeitsorganisation (Arbeitszeit, Pausen)
- Schlüsselqualifikationen (Antrieb, Sorgfalt).
- Beratungs- und Therapiekonzept
Die Entwicklung und Einführung eines erfolgreichen Therapiekonzeptes für Beschäftigte mit einer Cerebralparese wird durch ein interdisziplinäres Team realisiert. Eingebunden sind Mitarbeiter für Arbeits- und Berufsförderung, Mitarbeiter Begleitmaßnahmen, Physio- und Ergotherapeuten, Ärztlicher Dienst, Betriebsarzt
und Sicherheitsfachkraft. Im vorliegenden Fall wurde die Therapie nach Bobath fortgesetzt. Individuell effiziente physio- und ergotherapeutische Maßnahmen im Bezug auf den Arbeitsauftrag des Menschen mit Behinderung schlossen sich an.
- Arbeitsablaufoptimierung in der Auftragsabwicklung
- Optimierung der Arbeitsplatzgestaltung im Kontext mit der individuellen Leistungsbefähigung, der vorhandenen Arbeitsmittel und des Arbeitsauftrages,
- Überprüfung und Optimierung des Lernprozesses zur Durchführung der Arbeit, Arbeitstechniktraining,
- Optimierung des Arbeitsablaufes durch Umstrukturierung, berücksichtigt wird, das durch die Optimierung keine Sinnentlehrung beziehungsweise Unterforderung beim Beschäftigten ausgelöst wird,
- Einsatz / Fertigung einer technischen Arbeitshilfe.
Diese Betrachtungsweise der Abwicklung von Aufträgen ist primär ausgerichtet auf das Ausgleichen von Funktionseinschränkungen oder Funktionsausfälle von Gliedmaßen, Organen (innere Organe und Sinnesorgane), zentralem und vegetativen Nervensystem.
Zur Festlegung und letztlich Umsetzung der vorstehenden Handlungsschritte bediente sich der zuständige Qualitätsmanagementbeauftragte des
PDCA-Kreises nach Deming.
Erfolg
Der Arbeitsablaufs in der Auftragsabwicklung wurde erfolgreich optimiert. Dadurch können Menschen mit Bewegungseinschränkung (Cerebralparese) Chips in Verschlüsse erfolgreich montieren.
Die Verfahren wurden im Haus abgestimmt, erprobt und festgeschrieben. Sie sind Bestandteil des Arbeitsschutzes, der in das Qualitätsmanagement integriert wurde.
2. Die Arbeitsabläufe zur Montage von Chips in Vorrichtungen wurde so optimiert, dass eine den Fähigkeiten des Beschäftigten entsprechende Herausforderung formuliert wurde.
3. Die Förderung und Begleitung findet weiterhin statt, wurde in der Anfangsphase der Umsetzung intensiv betrieben, um dem Beschäftigten ein störungsfreies Arbeiten mit der neuen technischen Arbeitshilfe zu ermöglichen.
4. Technische Arbeitshilfen wurden vom betreuenden Ergotherapeuten angefertigt und in Betrieb genommen.

Zur Sicherstellung der reibungslosen Auftragsabwicklung finden regelmäßig Begehungen des Arbeitsplatzes in der Montage durch Fachkraft für Arbeitssicherheit und Qualitätsmanagementbeauftragten statt.
Weiterführende Informationen
Qualifizierungsangebote EFQM Management Fortbildung im Bereich Qualitätsmanagement
Arbeitsschutz integriert ins Qualitätsmanagement Kompetenznetzwerk Nordrhein-Westfalen - Komnet
Werkzeugadaption unter neurophysiologischen Gesichtspunkten Aktion Bildung - Wir bauen auf berufliche Bildung.
Betrieb |
Betriebsname: | Nieder-Ramstädter Diakonie (NRD) |
Straße: | Stiftsstr. 2 |
PLZ: | 64367 |
Ort: | Mühltal |
Internetadresse: | www.nrd-online.de |
Betriebsgröße: | 50 bis 249 Beschäftigte |
Gründungsjahr: | 1896 |
Wirtschaftssektor: | Verarbeitendes Gewerbe |
Betriebliche(r) Ansprechpartner/in |
Name: | Dipl.-Ing. Werner Löhr |
Funktion: | QMB |
Telefon: | 06151 149 75 70 |
Fax: | 06151 14 41 17 |
E-Mail: | werner.loehr@nrd-online.de |
Gestaltungsbereich:
Unternehmens-/ Organisationsentwicklung (Aufbau- Ablauforganisation)
Organisatorische Maßnahmen zur Optimierung der Arbeitsabläufe und Produktionsprozesse unter Einbeziehung der Mitarbeiter (Kommunikation, Ausschüsse und Gremien, Teamarbeit, Software, Transparenz, Qualitätsmanagement etc.).